Sprachentwicklungsstörungen und -verzögerungen im Kindesalter

 

Kinder eignen sich die Muttersprache Schritt für Schritt an. Dabei gehen sie vom Einfachen zum Komplexen. Auf diesem Weg können Probleme in den folgenden Bereichen auftreten:

  • Aussprache (z.B. Ersetzungen und/oder Fehlbildungen von Lauten)
  • Wortschatz (z.B. Wortschatzdefizite)
  • Grammatik (z.B. Satzbildungsschwierigkeiten)
  • Kommunikation (z.B. auffälliges Gesprächsverhalten)
  • Sprachverstehen (z.B. eingeschränktes Wortbedeutungsverstehen)

Wir unterstützen und fördern Ihr Kind in seiner sprachlichen Entwicklung, damit es altersentsprechend mit seiner Umwelt kommunizieren kann.

 

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Aussprache (z.B. Ersetzungen und/oder Fehlbildungen von Lauten)

In den ersten fünf Lebensjahren findet die Entwicklung der Aussprache statt. Den Kindern mit einer Aussprachestörung fällt die Bildung einzelner Laute schwer. So werden einzelne oder mehrere Laute falsch gebildet, ersetzt oder sogar ausgelassen. Liegt hierbei keine organische Ursache vor, wird eine Artikulationsstörung in drei Gruppen unterteilt.

  1. Die phonetische Störung zeichnet sich durch Fehlbildungen von einzelnen Lauten der Zielsprache aus. Der Laut kann hierbei nicht korrekt gebildet werden, daher spricht man auch von einer Sprechstörung. In Deutschland ist eine der häufigsten Fehlbildung der Sigmatismus, bei dem der Laut „s“ nicht korrekt gebildet werden kann. Die Bedeutung eines Wortes wird hierbei nicht verändert, sodass die Verständlichkeit nicht maßgeblich eingeschränkt wird.
  2. Eine phonologische Störung ist eine Sprachstörung, bei der Laute ersetzt, vertauscht, ausgelassen oder fehlgebildet werden. Durch diese Veränderungen erfolgt auch eine Veränderung der Wortbedeutung. So wird bei einer solchen Störung beispielsweise aus einer Kanne eine Tanne. Der korrekte Laut kann hierbei häufig nachgeahmt werden, im Wort wird er jedoch nicht oder nicht an der richtigen Stelle eingesetzt. Hierbei wird die Verständlichkeit beeinflusst.
  3. Eine phonetisch-phonologische Störung liegt vor, wenn die beiden oben genannten Formen gemischt auftreten.

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Wortschatz (z.B. Wortschatzdefizite)

Die aktive Wortschatzentwicklung beginnt im Alter von ungefähr zwölf Monaten. Im Alter von zweieinhalb Jahren sollte der Wortschatz bei 200-500 Wörtern liegen, mit drei Jahren bei 500 bis 2000 Wörtern. Kinder mit Schwierigkeiten in diesem Bereich kennen viele Begriffe nicht, können sie nicht verstehen und auch nicht benennen. Oftmals umschreiben sie daher den gesuchten Begriff oder verwenden ähnliche Wörter. Unterschieden muss hierbei zwischen Problemen im Erwerb von Wortbedeutungen (Semantik) und Problemen im Wortabruf (Lexikon). Die Probleme in diesem Bereich werden beispielsweise durch das Nennen von Überbegriffen, statt spezifischer Bezeichnungen („Da ist so ein Tier.“) oder Verzögerungen in der Spontansprache deutlich.

„Semantisch-lexikalische Störungen beschreiben Phänomene im Spracherwerb, bei denen es Kindern und Jugendlichen häufig und anhaltend nicht gelingt, eine sprachliche Form zu bilden, die in semantischem (Ausdruck der Wortbedeutung im Kontext der Äußerung) und lexikalischem Aspekt (Wahl der Wortform) der Äußerungsinteraktion entspricht.“ (C.W. Glück)

 

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Grammatik (z.B. Satzbildungsschwierigkeiten)

Der Grammatikerwerb ereignet sich in der Regel im Alter von eineinhalb bis vier Jahren. In diesen zweieinhalb Jahren lernen wir also die fast vollständige Grammatik unserer Muttersprache und das ganz nebenbei. Kein Wunder also, dass es bei diesem komplexen Prozess zu Schwierigkeiten kommen kann. Kinder mit Auffälligkeiten in diesem Bereich haben Schwierigkeiten mit den Regeln der korrekten Wortbildung (Morphologie) und/oder den Regeln der korrekten Satzbildung (Syntax). Diese Regeln werden bei einer syntaktisch-morphologischen Störung hinsichtlich des Alters und der Sprachumwelt des Kindes abweichend realisiert und wirken sich auf das Sprachverstehen aus.

 

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Sprachverstehen (z.B. eingeschränktes Wortbedeutungsverstehen)

Der Begriff Sprachverstehen bezieht sich auf die Verarbeitung von Informationen während eines Gespräches bei intaktem Hörvermögen. Wir selbst konstruieren uns also aus dem Gehörten einen für uns sinnvollen Zusammenhang, der aus einem Zusammenspiel unserer Kenntnis der Situation, unserer Weltkenntnis und unserer Motivation entsteht. Kindern mit Auffälligkeiten in diesem Bereich fällt dieses Konstruieren besonders schwer. Es zeigt sich unter anderem durch keine oder eine vorschnelle Reaktion auf Anweisungen oder eine völlige Interessenlosigkeit beim Vorlesen.

„Wenn zehn Leute einen Film sehen (…), dann sehen sie einen Film. Wenn zehn Leute ein Hörspiel hören, dann hören sie zehn verschiedene Hörspiele“ (Walter Adler)